Zum Inhalt springen

Hinter verschlossenen Türen

Nur noch ein einziges Mal

Colleen Hoover

  • Broschiert: 416 Seiten
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (10. November 2017)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3423740302
  • ISBN-13: 978-3423740302
  • Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren
  • Originaltitel: It Ends With Us

Als Lily Ryle kennenlernt, scheinen all ihre Träume wahr zu werden: eine neue Stadt, der erste Job und dann noch Ryle – überaus attraktiv, überaus wohlhabend und überaus erfolgreich. Vergessen scheint Lilys schwierige Kindheit. Vergessen auch Atlas, ihre erste Liebe, der gegenüber von Lily squattete – bis ihr Vater die beiden erwischte und Atlas von heute auf morgen verschwand. Und dann steht Atlas auf einmal vor ihr. Als Ryle von ihrer gemeinsamen Vorgeschichte erfährt, weckt dies seine Eifersucht

Klappentext des Verlags

MEINE REZENSION

Ok. Es war wieder dringend an der Zeit für einen Roman aus dem Hause dtv. Da fiel mir die Auswahl nicht allzu schwer, denn der vorletzte Roman der Autorin aus dem November vergangenen Jahres lag ziemlich weit oben auf meinem Stapel ungelesener Bücher – kurz auf meinem “SuB”. Nun dann.

Völlig unvoreingenommen, ohne auch nur eine einzige Rezension vorab gelesen zu haben, machte ich mich an die Lektüre der 416 Seiten. Meine Erwartungen? Ich wollte mich wieder in Mrs. Hoover’s tolle Sprache fallen und von der Handlung treiben, mich einfach mitnehmen lassen. Ablenkung. Das brauchte ich. Das war es, was ich suchte. Genau das war ihr bisher immer gelungen.

Das erste Drittel des Buches las sich so weg. Lily war mir sympathisch, Ryle ein heißer Typ, Alyssa fast zu perfekt. Wie schon oft in Hoovers Romanen wurden auch hier ziemlich krasse Klischees bedient.

“Okay, Lily. Ich bin zwar keine Innenarchitektin, aber ich richte für mein Leben gern Räume ein und hätte wahnsinnige Lust, dir zu helfen. Du müsstest mir auch nichts dafür zahlen…” S.41

“… und legt die Hermes-Tasche auf die verstaubte Theke.” S.42 (Anm.: da haben wir also Alyssa, neue beste Freundin)

“…oh mein Gott… sie ist seine Schwester! Allysa ist die Schwester, die sich mit ihrem Mann die gesamte obere Etage des Hauses mit der Dachterrasse gekauft hat.” (Anm.: mitten in Boston) S.48

“…dass er in seinen Krankenhausklamotten wirklich geradezu absurd sexy aussieht.” (Anm.: Aha) S.68

“Zum Glück hatte ich gestern (Anm.: !!!) einen so schlimmen Lagerkoller, fasslich wie eine Verrückte aufgeräumt habe. Normalerweise fliegen bei mir überall irgendwelche Klamotten herum, und auf meinem Nachttisch (Anm.: wer hat denn heute noch sowas?) stapeln sich Bücher, benutzte Teller und Gläser, aber heute ist alles tipptopp aufgeräumt.” S.71

Die Tagebücher der jungen Lily zogen sich teilweise arg in die Länge, waren aber auch wichtig für das Verständnis und immerhin eine interessante Variante, um Blicke in die Vergangenheit der Protagonistin zu werfen. Lily’s berufliche Karriere und ihre Quasi-Beziehung zu Ryle gleichen zunächst einem Kitschroman – siehe Zitate. Doch die erfahrene Leserschaft ahnt und befürchtet irgendwie schnell, dass mehr dahinter stecken könnte.

Und tatsächlich. Das Blatt sollte sich bald wenden. Ich war schockiert, frustriert, wütend, enttäuscht und ergo musste ich wissen, wie es ausgehen würde. Colleen Hoover hat es mit “Nur noch ein einziges Mal” endlich wieder geschafft, mich zu überraschen. Sie hat mit ihrer Story eine bemerkenswerte junge Frau beschrieben, die eine enorme Entwicklung durchmacht – mit vielen Höhen und noch mehr Tiefen. Diese “Achterbahn der Gefühle” kenne ich aus vielen ihrer Romane, wie z.B. um Layken und Will, “Maybe someday” oder “Love and confess” . Doch dieses Mal hat sie mich eben nicht nur überrascht, sondern auch überzeugt. Ich konnte von den Haar- bis in meine Zehenspitzen spüren (so wie Lily besondere Stimmen spürt), wie sehr der Autorin an der Thematik lag und sicher noch immer liegt.

Es ist so schwer, mehr dazu zu sagen, ohne zu spoilern. Hinter verschlossenen Türen, hinter der Fassade… auch die Liebe trägt oft eine Maske. Das Buch sollte einfach von vielen Frauen gelesen werden. Punkt. Lasse ich mal die zum Teil nervigen Klischees von Geld und Erfolg weg, bleibt noch immer eine wichtige Botschaft für die Frauen da draußen. Dafür nahm ich während der Lektüre in nur 48h die anderen Faktoren nachträglich gern in Kauf. Denn was bleibt am Ende? Das Fazit. Und das lautet für mich: lesenswert, wenn man bereit ist, tiefer zu fühlen, mehr zu denken.

Sprachlich war es (neben den Klischees) wie immer eine gelungene Übersetzung durch Katharina Ganslandt, die ich bereits aus anderen Übersetzungen kannte. Bei der Gestaltung des Covers ist sich dtv durchaus treu geblieben. Der Name der Autorin prangt in altbekannter Schriftart über dem Buchtitel auf weißem Hintergrund, dieses Mal flankiert von einer Blüte, die gerade zerfällt. Nach der Lektüre, während der Rezension wurde mir deren Symbolik erst richtig bewusst. Passt. Fertig. Lesen!

“Manchmal muss man das, was einem am meisten am Herzen liegt, am weitesten wegschieben, weil es gleichzeitig das ist, was am meisten wehtut.” S. 278

Erst jetzt im Nachgang habe ich mir die weniger guten Bewertungen angeschaut, denn die interessieren mich immer am meisten. Einige LeserInnen waren enttäuscht, dass es eben nicht die anfangs vermutete Lovestory bleibt, wieder andere unterstellten Lily ein kindlich-naives Verhalten, das ich so nicht unterschreiben würde. Und wieder andere hätten sich eine ausführlichere Auflösung der Charaktere und deren Lebensgeschichten gewünscht. Diese Meinungen haben natürlich alle ihre Gründe und auch ihre Berechtigung . Jede Rezension ist nunmal bis ins Mark subjektiv. Doch gerade deshalb akzeptiere und honoriere ich die Art der Auf- und Verarbeitung des Themas durch die Autorin ebenso wie den Grad der Tiefe, den sie für ihren Roman wählte. Gemeckert wird immer und überall und die Messlatte liegt hoch, sehr hoch. Das gilt in gleichem Maße für erfolgreiche Autorinnen und Autoren wie für die Debütanten.

Published inKolumneRezensionen
et Claire