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Paris, die Bahn & ich


Drei wunderbare, bezaubernde, berauschende und unvergessliche Tage Paris (dazu in einer anderen Kolumne mehr) … und dann die – zugegeben ökologisch wertvolle – Heimreise per Bahn (wie im Übrigen bereits die Anreise per Bahn erfolgte).

Unser Bus der Linie 38 vom Jardin du Luxembourg zum Bahnhof Gare de L’Est sollte um diese Wochen- und Tageszeit alle 5-7min fahren. So der Plan. So haben wir es die vergangenen drei Tage während unseres Aufenthaltes auch beobachtet … Unsere Tickets haben wir vormittags vorsorglich schon an einer der nahegelegenen Metro-Stationen käuflich am Automaten erworben – sehr saubere Metro-Station übrigens.
Geplante Abfahrtszeit unseres ICE Richtung Karlsruhe / Frankfurt: 14:28 Uhr. Geplante Ankunftszeit des Linienbus: 13:45 Uhr.
Geplante Fahrzeit des öffentliches Shuttles: ca. 15min für die knapp 3km bis zum Bahnhof.
Nun, der 38er Bus kam 13:55 Uhr und würde – der Anzeige zufolge – 14:25 Uhr am Bahnhof sein … Ähm, wie jetzt? Erste Schnappatmung setzt ein. Ein kurzer Blick auf die Uber-App verrät, auch ein Taxi wäre nicht schneller. WHAT???

Die charmante französische, übervorsichtige Busfahrerin hält wirklich an JEDER Ampel. Und wenn diese noch nicht Rot zeigt, nun, dann wird eben so langsam gefahren, bis sie dann doch auf Rot springt. 1,2 km vor dem Bahnhof steigen wir mit unseren vollen Papero-Rucksäcken und den beiden neuen Rollkoffern plus einer Zusatz-Tasche aus dem Bus aus und rennen los … den zarten Hügel zum Gare de l‘Est hinauf, durch das Bahnhofs-Quartier, in dem offenbar überwiegend People of Color wohnen, die allerdings aufgrund der brütenden Hitze allesamt auf den Straßen gerade Siesta machen. Dennoch springen sie – bei jedem hektisch von uns gerufenen “pardon” – freundlich lächelnd zur Seite. In Berlin hätte ich – egal wo – dafür einen Quaterback oder mindestens zwei Außenverteidiger benötigt, denn ich bin die vorn läuft und in Berlin macht man(n) in der Regel nicht Platz :-/

Wir schaffen bei 38 Grad im Schatten und gefühlten 43 Grad (laut Wetter-App) die Strecke in: tadaaaa … sage und schreibe … 9 Minuten…
Ehrlich, das ist eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 7,5 km/h. Ich denke an der letzten Ampel nur noch, wenn ich nicht gleich schnappend wie ein Fisch an Land verende, dann k*tze ich mindestens im Strahl.

Punkt 14:25 Uhr erreichen wir – nass wie zwei Pudel nach dem Baden (Anm. hoffentlich riechen wir nicht auch so) – den Bahnsteig und unseren Zug … Ehrlich, mir läuft Schweiß in die Augen. In Worten SCHWEIß! Und aua – das tut weh.

Irgendwie finden wir unsere Plätze nicht. Die von der Bahn haben den halben Waggon einfach mal umbenannt! Sagt mal, geht’s noch? Auf einem unserer vermeintlichen Plätze sitzt ein sehr beleibter Schwarzer mit sehr weit aufgeknöpftem – eigentlich einem komplett offenen – Hemd. Ich spreche ihn an, dass er wohl auf einem unserer beiden Platz sitze. Er entgegnet, wir seien im Wagen 26 und es sei sein Platz Nummer 31. Hmmm. Der Mann war nett. Also gut. Aber echt, warum trägt er seine Maske irgendwie nicht so richtig und ehrlich, sein Bauch unter dem offenen Hemd hätte jeder Schwangeren im 9. Monat alle Ehre gemacht. Will man / frau das sehen? Willste das wirklich sehen? Nee, willste nicht sehen. Nicht so und schon gar nicht nach einem Halbmarathon bergauf mit Gepäck.

A propos Gepäck. Mein Plan: künftig wird nur noch mit Gepäck gejoggt – wir fangen mit einer Bauch- dann einer Handtasche an und steigern uns dann von Runde zu Runde über Rucksack und leichtem Handgepäck bis zum 20kg-Rollkoffer … Yeah, Bus und Bahn: wir werden kommen!

Und wenn wir erstmal kommen. Hey, dann sind wir auch überpünktlich da. Nicht so jedoch unsere Bahn, die dann – nicht wie geplant – um 14:28 Uhr ablegt, sondern gemütliche 10min später… Dann hätten wir ja auch im Bus bleiben können. Ja, ja, hätte hätte Fahrradkette. Sind wir aber nicht und: das war auch gut so, denn auf unserer 1,2km langen Sprintstrecke hat uns “unsere” Busfahrerin nicht mehr eingeholt.

Nun, eine Dame beobachtet, wie wir immer noch – comme deux bekloppte Federviehcher – kopflos im Wagen 26/28 hin und her rennen und bietet uns freundlich ihren Doppelsitz an. „Merci beaucoup beaucoup beaucoup!“ Wirklich? Ehrlich! Danke.

Ja, wir haben uns für diesen Kurzurlaub die 1. Klasse gegönnt. Wohl vorausschauend in der Sommerzeit und hey, da funktioniert auch tatsächlich die Klimaanlage – trotz älterer ICE-Generation (nicht die neue grün-gestreifte mit der dynamischen Schnauze). Aber der Rest des ICE ist bahntypisch mal wieder voll die Katastrophe. Nach dem Umstieg in Karlsruhe wird’s durch einen ausgefallenen Zug vor unserem noch voller (zum Glück nicht bei uns). Doch nun hockt ne Omi hinter meinem Sitz und ißt eine wirklich stinkende Käsestulle, dabei tönt ständig ihr Handy …
Ich denke mir nur: Ruhebereich?! Schon mal gehört? Ja? Man, Omchen! So geht das die nächsten 6 Stunden bis Berlin.

Kommen wir nun zu den allseits beliebten (permanenten) Durchsagen der Zugbegleitung – wahlweise auf Deutsch und Englisch und / oder Französisch und gern alle paar Minütchen. Diesmal hören wir zum Boardrestaurant:

  1. Durchsage: Ja, bei Vorbestellung dürfen Sie sich dort max. 45 min aufhalten – aha. Mein Gatte versucht es – nope, voll datt Ding.
  2. Durchsage: Klimaanlage ist off – Restaurant schließt also jetzt mal.
  3. Durchsage: Wegen der Hitze im Zug und auch draußen, darf man sich bitte gern (gratis!) ein Wasser holen – Achtung, dabei immer schön den Abstand wahren (schwierig in den schmalen Gängen und einem übervollem Zug) und Masken tragen (bien sûr – aber natürlich)
  4. Durchsage: Restaurant hat wieder auf, aber Verkauf erfolgt nur zum Verzehr am eigenen Sitzplatz
  5. Durchsage: jetzt schließt das Restaurant aber gleich, weil Feierabend. So.

Unterwegs irgendwo in Deutschland gibt es noch dieses echte Durchsage-Highlight: „Die Abfahrt des Zuges verspätet sich, wir haben keinen Zugführer.“ Ehrlich, WHAT THE F*CK stimmt mit denen nicht???
Nur 2min später: „Wir haben jetzt einen Zugfahrer. Aber liebe Fahrgäste, dies ist nicht der ICE soundso nach Dingsbums – der fällt nämlich aus – sondern der ICE nach Berlin.” So. Haste davon.

Vorher watt zu Mampfen koofen war nich – wegen de Hitze und dann och noch ditt Gerenne. Ick hatte so uff die Bahn gehofft. Da zahlste einen Haufen Kohle, bist 8h on Tour und kriegst nicht mal `nen Kaffee 2 go.
Aber liebe arme, überforderte, überteuerte deutsche Bahn. Ick schick dir janz viele Sternschnuppen – vielleicht klappt’s dann ja och noch mal irjendwann mit dem Service.

Published inKolumne
et Claire