Jojo Moyes
“Ein Ganz neues Leben”
- Gebundene Ausgabe: 528 Seiten
- Verlag: Wunderlich
- ISBN-10: 3805250940
- Originaltitel: After you
«Du hast mich mitten ins Herz getroffen, Clark. Vom ersten Tag an, an dem du mit deinen lächerlichen Klamot-ten hereingestapft bist. Du hast mein Leben verändert.»
Sechs Monate hatten Louisa Clark und Will Traynor zusammen. Ein ganzes halbes Jahr. Und diese sechs Monate haben beide verändert. Lou ist nicht mehr das Mädchen aus der Kleinstadt, das Angst vor seinen eigenen Träumen hat. Aber sie führt auch nicht das unerschrockene Leben, das Will sich für sie gewünscht hat. Denn wie lebt man weiter, wenn man den Menschen verliert, den man am meisten liebt? Eine Welt ohne Will, das ist für Lou immer noch schwer zu ertragen. Ein einsames Apartment, ein trister Job am Flughafen – Lou existiert, aber ein Leben ist das nicht. Bis es eines Tages an der Tür klingelt – und sich eine Verbindung zu Will auftut, von der niemand geahnt hat. Endlich schöpft Lou wieder Hoffnung. Hoffnung auf ein ganz neues Leben.
MEINE REZENSION
Nun also die Fortsetzung zu “Ein ganzes halbes Jahr” von Jojo Moyes, dem Bestseller, den ich bereits vor langer Zeit las und dessen Verfilmung vor kurzem genießen durfte.
Was habe ich erwartet? Ganz ehrlich?
Nichts. Denn eigentlich konnte und wollte ich mir eine Fortsetzung von Louisa Clarks Leben nach Wills Tod nicht vorstellen. Der Roman hat mich damals sehr mitgenommen – Sterbehilfe & kein Happy End. Boah – harte Kost. Die Verfilmung durch Thea Sharrock gab mir jedoch den Impuls es nun doch erfahren zu wollen, was sich Jojo für Lou ausgedacht haben mag. Und, was soll ich sagen? Sie hat es tatsächlich geschafft, mich zu überraschen. Ich habe keine Rezensionen gelesen, selbst den Klappentext ließ ich links liegen.
Lou ist in einem ziemlich erbärmlichen Zustand anzutreffen – lebt in London, in einer von Wills Erbe bezahlten Wohnung, in der sie sich nicht heimisch fühlt, hat einen mehr als merkwürdige Job am Flughafen und ist zwischenzeitlich mit ihren Eltern zerstritten. Zur unbehaglichen Wohnung gehört auch eine riesige Dachterrasse. Hier beginnt die Geschichte erst richtig und hier endet sie nach spannenden 528 Seiten wieder. Zwischendurch wird dieser Ort irgendwie zum Inbegriff für Louisas Leben, ihrem Wunsch nach Freiheit und der beengten Realität ihres Daseins. Sie wünscht sich so sehr, Wills für sie entworfenen Lebensplan zu erfüllen. Tatsache jedoch ist, dass sie ein überaus einsames Leben von Tag zu Tag lebt, ohne Höhen, doch mit vielen Tiefen – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie kann Will nicht loslassen, noch immer nicht und noch ganz lange nicht. Nach einem “Fehltritt” der etwas anderen Art kehrt sie vorläufig in ihr Heimatstädtchen zurück, gewinnt wieder Anschluss an die Familie und muss sich auf Wunsch ihres Vaters zurück in London wöchentlichen Sitzungen der “Weiter-Leben-Gruppe” unterziehen, die von Marc geleitet werden. Dort trifft sie auf Trauernde aller Couleur und: sie hasst die Treffen (mich habe die Charaktere auch oft genervt – sorry). Doch eben jene Menschen werden nach und nach zu einem Anker für Lou, die nach einer neuen Bekanntschaft in Chaos zu versinken droht und vor allem psychisch an den Rand der Belastbarkeit gerät. Sie findet sich ganz plötzlich in einer Rolle wieder, für die sie zunächst nicht gemacht zu sein scheint, aber sie stellt sich der riesigen Herausforderung.
Feuerwehrmann Sam – hihi – nein, natürlich nicht der, sondern “Sanitäter-Sam” wird zu einer wichtigen neuen Erfahrung. Und ich muss gestehen, dieser Sam bietet allerhand Unterhaltungswert. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.
Ich fand den von Mrs Moyes gespannten Bogen in die Vergangenheit der Story sehr gelungen, da sind zuallererst Louisas Familie mit Josie und Bernard Clark, ihrer Schwester Treena und deren Sohn Tom und ihrem Großvater. Aber auch die Traynors betreten die Bühne sowie Patrick, der kurz durch den Roman sprintet, nicht zu vergessen Wills ehemaliger Pfleger Nathan.
Auch die Romanfortsetzung konnte mich für sich einnehmen, weil es auch diesmal ein sehr ernstes, schwieriges Thema beackert – wie findet man nach dem Verlust eines geliebten Menschen den Weg zurück ins Leben? Welche Stolperfallen lauern, welche Ängste bestimmen das Dasein. Kann man irgendwann loslassen? Wäre das Verrat an den Toten? Wie kann man ein Vermächtnis erfüllen, das so schwer lastet? Aber Lou Clark wäre nicht die Lou Clark, die wir bereits kennen, wenn sie sich nicht durchboxen würde auf ihre ganz eigene Art und Weise und oft eben auch anders als erwartet. Der Leser geht mit ihr gemeinsam auf eine abenteuerliche Reise mit unbekanntem Ziel. Mir persönlich hat diese Reise viel gebracht, neue Perspektiven zum Thema Verlust und Trauerarbeit sowie Hoffnung, dass man sich dem Leben stellen kann.
Den Roman “Ein ganz neues Leben” empfehle ich allen Neugierigen, die Anteil an Lous und Wills Schicksal genommen haben und sich darauf einlassen können, Lou auch ohne Will an ihrer Seite zu begleiten in ihr “ganz neues Leben” und dabei gespannt sein dürfen auf viele Erfahrungen und ja, auch auf viel Humor 🙂 Jojo Moyes Sprache war so einnehmend, dass ich die 528 Seiten in zwei Tagen inhalierte. Kostprobe gefällig?
“Wenn sie noch langsamer läuft, führen wir bald einen Moonwalk auf.” S.27
“Deine Titten müssen ja aussehen wie Mandarinen in einem Paar Socken” S.28
“…der einsamste leicht entflammbare Prono-Wichtel auf dem ganzen Planeten.” S.225
“Wir lassen nur unsere Männer für alle Ewigkeiten Höllenqualen leiden” S.360
“…Nach-einem-Spaziergang-geht-es-dir-gleich-wieder-besser-Depressions-Heilungslehre…” S.383
Also für die Message und die Schreibe der lieben Jojo Moyes 5 von 5 Sternen.
P.S. Jojo Moyes scheint einen ganz eigenen Bezug zum Thema Mode zu haben – sie kann es auch diesmal nicht lassen, auf Ringelstrumpfhosen und andere Kostümierungen zu verzichten. Zum Glück – denn sonst hätte mir echt etwas gefehlt!