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Mehr Schein als Sein?

Charlotte Lucas
“Dein Perfektes Jahr”

Ein Roman über einen Mann, eine Frau und die wirklich wichtigen Fragen im Leben.

Was ist der Sinn deines Lebens? Falls Jonathan Grief jemals die Antwort auf diese Frage wusste, hat er sie schon lange vergessen.
Was ist der Sinn deines Lebens? Für Hannah Marx ist die Sache klar. Das Gute sehen. Die Zeit voll auskosten. Das Hier und Jetzt genießen. Und vielleicht auch so spontane Dinge tun, wie barfuß über eine Blumenwiese zu laufen.
Doch manchmal stellt das Schicksal alles infrage, woran du glaubst …

MEINE REZENSION

Ein Mann – selbstverliebt und bissig gegen die Welt. Eine Frau, optimistisch bis in die Haarspitzen, ein wahrer Sonnenschein also, verwirklicht ihren beruflichen Traum in Form eines Kinderladens und erlebt gleichzeitig den Albtraum einer Beziehung. Ihr Freund verschwindet. Für immer?

Hannahs xmas-Geschenk ist eine Hommage an das Leben. Sie plant sein perfektes Jahr – in einem leder-gebundenen Timer mit Einträgen und Ideen für jeden einzelnen Tag der bevorstehenden zwölf Monate.  Und genauso lang führt uns Charlotte Lucas durch die Geschichte…
Eben jener Kalender fällt am Neujahrsmorgen zufällig Jonathan Grief, einem mehr oder minder erfolgreichem Verleger in Hamburg – auf jeden Fall ist er reich – in die Hände. Es kommt, wie es kommen muss, er sucht den Besitzer des magischen Kalenders (erinnert mich spontan an Antoine Laurains “Liebe mit zwei Unbekannten” und eine lila Damenhandtasche). Zugleich lässt er sich auf die vielen kleinen Veränderungen seines Lebens, seines Alltags, die die vorgeschlagenen Aktivitäten mit sich bringen, ein. Zunächst ist es die Suche, die ihn u.a. in die Stube einer Weissagerin führt oder mit seinem manischen morgendlichen Joggen brechen lässt. Doch nach und nach findet Jonathan Gefallen daran, sein Leben aus ganz neuen Perspektiven wahrzunehmen. Und auf wen trifft er unweigerlich irgendwann? Klar. Aber auch vollkommen ok. Seine Gefühlswelt fand ich jedoch eher grenzwertig. Ganz ehrlich. So Hals über Kopf? Ah ja.

Hannah konnte meine Sympathien leider ebenso wenig ergattern wie Herr Grief. Doch warum hat mich die Story nicht packen können? Der erste Eindruck war doch gut. Das Cover nett. Die Idee mit dem lilafarbenen Buchschnitt mal etwas anderes. Nun, die Summe der Themen macht den Unterschied. Es war mir zu viel. Zu viel von allem. Familie, Freundschaft, Liebe, Beruf, Verlust, Tod, Trauer, Alter, Demenz, Lügen, Geld, Obdachlosigkeit, soziales Engagement, Übersinnliches, Vergangenheitsbewältigung. Fehlt noch was?
Die Aufzählung allein zeigt die Themenvielfalt der Handlung. Doch all diese Themen können nur oberflächlich bleiben – mehr ist im Rahmen EINES Romans einfach nicht drin. Und eben dies ließ mich unbefriedigt zurück. Vielleicht hat sich Frau Lucas, alias Wiebke Lorenz, in dieser Vielfalt verzettelt, wollte alles verpacken und hat sich dabei verloren. Mir fehlte es am Ende an Glaubwürdigkeit.

Dachte ich nach dem ersten Viertel der Lektüre noch, es sei durchaus ein empfehlenswerter Roman zum bevorstehenden Weihnachtsfest und Jahresende, der Mut macht, mit neuen Ideen, neuer Kraft und neuen Perspektiven ins kommende Jahr zu gehen, musste ich mich nach der Lektüre leider geschlagen geben. Die Story konnte nicht halten, was sie versprach, eben aus o.a. Gründen der zermürbenden Vielfalt an Themen. Erwartungen können und dürfen sich gern ändern und natürlich lasse ich mich überraschen – von wegen Vorhersehbarkeit und so 😉 Doch die Oberflächlichkeit führte hier zur Farblosigkeit der Protagonisten. Ich hätte liebend gern mit Hannah und Jonathan gelitten, gelacht, geweint. Und ich bin wirklich eine überaus gefühlvolle Wortkonsumentin. Da braucht es normalerweise nicht viel Gefühl und ich versinke in Emotionen. Nicht so hier. Die Handlung ließ mich trotz vieler Höhen und Tiefen kalt, absolut fröstelnd zurück. So sorry. So schade. Ist leider so.

Für Freunde der leichten Unterhaltung mit ein klein wenig Tiefgang – den man sicher an einigen Stellen finden kann – ist das dennoch ein netter Roman zum Jahresende. Das Büchlein ist als Geschenk durchaus allgemeintauglich und hübsch anzuschauen. Mehr war es für mich leider nicht. Von mir gibt es zwei von fünf Sternen für eine gelungene Verpackung und eine süsse Idee in magerer Umsetzung. Mehr Schein als Sein also?

Published inKolumneRezensionen
et Claire