Seit eineinhalb Jahren warten wir und unsere Billetts auf diesen Abend. Immer und immer wieder wurde aufgeschoben, verschoben, hin- und hergeschoben. Jetzt endlich ist Tag X gekommen und:
BOHÈME SAUVAGE findet statt. In Berlin. In Neukölln. Im Heimathafen. Unter “2G+”.
Worunter bitte? Diese Formulierung kannte vor achtzehn Monaten noch niemand. Genesen oder geimpft, jeweils mit tagesaktuellem Test – so die Übersetzung von “2G+”. Dann darfste rein. Dann darfste Charleston tanzen, Roulette oder Black Jack spielen und Absinth trinken. Musste aber auch nicht, kannste aber. Und natürlich die goldenen Zwanziger feiern – très chic gemacht bitte.
Ups, da war es auch schon. Thema der Frau (manchmal auch das des Mannes):
WAS ZIEHE ICH AN?
Nun, Claire weiß das seit eineinhalb Jahren sehr genau. Seit eineinhalb Jahren hängt “der Plan” auf einem Bügel – ready to take off oder auch bereit zur Fertigstellung. Wie, was, noch nicht fertig? Watt haste denn bitte achtzehn Monate lange gemacht? Luftlöcher geguckt?
Nee, Corona. Und immer, wenn ich mir vornahm; jetzt aber, Claire, jetzt machste mal, kam wieder eine liebreizende Verschiebung von ditt Janze. Ehrlich, da hatte selbst eine Claire keine Böcke mehr auf Nähen.
Tja, und jetzt hatte ich nur noch zwei Tage Countdown. Oh, my goodness … Im Kopf war alles klar, aber die Umsetzung … Manno. Doch wo ein Wille ist, ist bekanntlich auch eine Nadel und bestenfalls auch ein Faden. Gesagt, getan. Und aus Spitzenschal mit Fransen wurde ein Spitzen-Flapperkleid, Marke: self-made by Claire.
Mein Plan funktionierte tadellos und just in time war das gute Stück fertig. Mit Unterkleid, Perlenkette, Handschuhe, Haare, Make-up … Taxi rufen und go.
Es ist tatsächlich mein Traumkleid für einen Traumabend, und ich fühle mich traumhaft darin … für eine Nacht. Na siehste. Geht doch Claire.