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Nacktschnecken


Es ist Herbst. Es ist der 3. Oktober 2020. Feiertag. 30 Jahre Deutsche Einheit. Alles zu. Mega Sonnenschein. Raus gehts – in die Natur. Aber wohin?

Baumgipfel-Pfad war meine erste Idee. Aber online-Tickets = Fehlanzeige. Und mal auf gut Glück die Kilometer dorthin schrubben. Och nö.
Museum? Viel zu schade um das wunderbare Wetter.
Spreewald vielleicht? Nee, lieber nicht – siehe Servicewüsten-Beitrag. Das hängt mir noch sehr nach…
Da wäre noch Sanssouci … ? Aber die Fahrerei nervt.

Ich schlage spontan vor, mal wieder zum Müggelsee zu düsen. Mir ist nach Sonnenschein am Wasserrand und vielen bunten Blättern und nicht so vielen Leuten.

Los gehts nach einem späten Brunch mit dem Auto Richtung Müggelturm. Parkplatz? Check! Welchen Weg? Zum Schmetterlingshorst bitte, in Richtung Langer See? Check. Wenig Menschen? Check…

Wow, was für ein Tag. Eine wunderbar wärmende Herbstsonne lässt den Langen See glitzern. Unzählige Boote tummeln sich auf dem Wasser und dann doch zahlreiche Besucher auf dem Gelände rund um Schmetterlingshorst.

Zu zweit steuern wir den – offenbar neuen, weil uns noch relativ unbekannten – Steg mit den anliegenden, kleineren Motor- und Segelbooten an. Wir lassen Beine & Seele baumeln. Man, tut das gut …

Nach ein paar Fotos im strahlenden Sonnenschein gehts weiter am See entlang.

Unterwegs gibt es immer wieder traumhafte Stellen, die zum Verweilen und fotografieren einladen. Hier und da haben sich Ausflügler wie wir niedergelassen, überholen uns Radler und überholen wir ältere Herrschaften mit ihrem Pfiffi an der Leine.

Wir genießen die Luft, die Wärme, die Lichtspiele der Bäume, die Ruhe, den unebnen – von Wildschweinhorden aufgewühlten – Waldboden und wandern vor uns hin. Da vorne müssen wir links in den Wald zurück und Abschied vom Langen See nehmen, wenn wir zurück Richtung Müggelturm und Auto wollen. Laut Navi ist da vorn ein Strand. Der sollte ja zu finden sein …

Ist er dann auch. Und dort aalen sich zahlreiche Sonnenanbeter*Innen auf ihren Decken. Und nicht nur das. Alle sind NACKT. Wow. Nein, ich bin nicht prüde, schon gar nicht schockiert, aber dennoch einigermaßen erstaunt. Hier? Direkt am Wanderweg am Langen See? Krass. Berlin eben. An der Ostsee – jap, da kenne ich das. Hier habe ich das so gar nicht erwartet. Aber irgendwie ists auch echt abgefahren. Siehe erster Absatz. Wir haben schließlich den dritten Oktober! Wir haben Herbst! Inzwischen ist auch mir recht warm geworden und fast beneide ich die Nudisten um ihre Freiheit. Ob die auch ins Baden gehen? Egal.

So lange verweilen wir dann doch nicht, um auch diese Frage beantworten zu können. Stattdessen spazieren wir gen Norden und fragen uns immer wieder, wofür eigentlich diese ganzen Zäune mitten im Wald stehen? Aufforstung? Rehe? Wildschweine? Einer der Zäune hat sogar eine Toranlage und Stacheldraht… etwa geheime Missionen am Start? Wer weiß.

Die Treppe zum Müggelturm kommt in Sicht. Da werden wir uns jetzt etwas gönnen … am besten, etwas zu Trinken, denn es ist deutlich über 20 Grad warm und wir schon eine Weile unterwegs. Der alte Müggelturm aus Ostzeiten ist unter neuer Bewirtschaftung und das schauen wir uns mal genauer an. Doch, es ist wirklich nett auf den verschiedenen Terrassen-Ebenen … Wir finden sogar einen freien Tisch. Nur die Bikertruppe am Nachbartisch ist antrengend. Derbe Sprache. Laute Sprache. Ja, wir hören alle mit. Leider. Na ja. Ist halt so. Aber das Radler, das Gatte am Selbstbedienungstresen holt, schmeckt super und der Blick auf Berlin – Hammer. Nach ein paar weiteren Fotos gehts die Treppen wieder runter, ab zum Parkplatz und mit glücklichen Gesichtern nach Hause.

Das war ja mal ein komplett anderer 3. Oktober, als ich ihn bisher kannte und mein Highlight waren nicht Sonne, Wald oder Wasser, sondern die Nacktschnecken vom Langen See …

Published inKolumne
et Claire