Inzwischen ist es soweit. Ich, die ich immer von sich dachte, Kommunikation aller Couleur sei meine größte Stärke, beginne an mir zu zweifeln. Ja. Und so langsam macht mich das echt fertig.
Woran ich das erkenne? Nun. Seit einem Jahr speist sich meine nahezu einzige Quelle für echte, verbale Kommunikation face2face aus den Gesprächen mit dem Gatten und der geliebten Nachkommenschaft sowie einigen FreundInnen.
Dabei stelle ich massive Veränderungen fest. Der gute alte Paul Watzlawick hätte seine wahre Freude daran. Nein, er hätte er wahrscheinlich nicht. Er würde sich wohl eher die Haare raufen.
Mir scheint, als verlerne ich gerade, korrekt zu kommunizieren. Fast alles läuft inzwischen schriftlich – via Mails und Messenger. Vom Schreiben, Warten, Antworten, Pausen bis zu Missverständnissen ist alles mit inbegriffen. HomeOffice besteht aus Mails, Telkos und Vikos.
Smalltalk ? Fehlanzeige. Das fehlt. Das VERLERNE ich gerade. Nicht so mein Gatte. Er fährt seit Beginn der Pandemie ins Büro. Der Arme? Der Glückliche? Weiß nicht. Ich weiß nur, dass er täglich mit den verschiedensten Menschen KOMMUNIZIERT.
Letzte Nacht – Claire konnte mal wieder nicht schlafen – ging mir ein Licht auf. Natürlich nur im übertragenen Sinne. Sonst hätte ich ja den Schlaf des Ehemanns gestört. Nun, mir wurde bewusst, warum ich all seine Äußerungen über die Maßen kritisch beäuge, gewichte und interpretiere. Warum es zu all den Missdeutungen kommt…
Wenn ich sonst chillig über eine Formulierung hinweg sah, vielleicht lässig in mich hinein schmunzelte oder sie einfach als das sah, was sie war – ein Scherz oder ernst gemeinte Meinung – platzt jetzt oft “tout suite” – also sofort – der Mond. Und das aus dem einfachen Grund, weil mir die Übung fehlt. Der Input.
Meine LeserInnen wissen, dass ich vor Corona täglich Bahn fuhr. Dazu gibts ja auch genügend Kolumnen … Dabei sah ich stets fremde Menschen um mich herum (nun alle von ihnen wollte/konnte/mochte ich vielleicht gar nicht sehen – doch so what). Ich hörte ungewollt Telefonate, beobachtete Eltern mit ihren Kindern, FreundInnen im Austausch. Im Büro gab es Begrüßung & Abschiede, Smalltalk, Meetings, Besprechungen, Mittagspausen. Alles mit unterschiedlich intensiver und verschiedenartigster Kommunikation. Vielfalt eben. Das pralle Kommunikationpaket sozusagen.
Was habe ich jetzt? Einen Kanal? Das ist wie TV vor 40 Jahren mit 2 Programmen oder wie eine Zeitung für alle. Es fühlt sich beschränkt an. Das ist es auch und manchmal befürchte ich, durchzudrehen. Auch wenn inzwischen Licht am Ende den Tunnels zu leuchten scheint, dauert es sicher noch lange bis sich auch in der Kommunikation wieder Routine und Sicherheit einstellen. Solche Auswirkungen hätte ich nicht erwartet. Diesen Mangel können weder Bücher oder andere Medien und auch kein Sport oder sonstiges einsames Hobby beseitigen. Es sagt sich so dahin – die sozialen Kontakte fehlen. Die Nähe zu Bekannten und Unbekannten fehlt.
Es fehlt die Kommunikation!
Um die – hoffentlich – letzten Meter dieser Durststrecke unbeschadet zu überstehen, muss ich mir etwas überlegen. Vielleicht zähle ich jedes Mal bis zehn, bevor ich auf eine Aussage reagiere oder ich frage dreimal öfter nach, wie sie gemeint sein könnte. Scheint mir, als müsste ich eine alte Sprache wieder auffrischen.
Auf gehts. Am Anfang war das gesprochene Wort. Holen wie es uns zurück.