Winter is coming to town.
Warte, das erinnert Claire an etwas. Was war das noch gleich? Ah, ja richtig, diese Sache mit dem Eis … Nee, nicht Vanille & Schoko in einer Waffel, sondern dieses spiegelglatte, auf dem es sich anfühlt, als würde man fliegen oder sogar schweben.
Warte, noch was. Irgendwer erzählte doch vor kurzem von einer Eisbahn direkt am Wasser. What? Ok, Tante Google, was sagst du dazu? Yeah – Strandbad Grünau – that’s it. Da will ich hin. Das will ich nicht nur sehen, sondern ERLEBEN.
Warte, kann ich das denn noch? Bin ja keine zwanzig mehr – eher dreißig *grins*. Aber ist ja wie Schwimmen oder Radfahren. Verlern’ste nicht, Kleene. Kannste sicher noch. Also lass mal gucken gehen.
Warte, soooooo einfach ist das nun auch nicht. Ist ja Corona-Time. Also erstmal schön die Lage checken, was es dafür braucht. Aha, es gibt eine begrenzte Anzahl – tatsächlich überaus günstiger – Tagestickets. So. Wetter ist mega. Lass mal ein Ticket buchen. Wie jetzt? Ausgebucht. Das glaub ich jetzt nicht. Manno.
Warte, wie wäre es nächsten Samstag? Findet sich vielleicht eine Begleitung? Die eigene Family hat nicht so richtig Lust auf eisige Kufen und nur Zuschauen ist auch doof. Es findet sich ein Kandidat, der sogar selbst Schlittschuhe hat. Krass. Das gibt es wirklich. Nice. So, jetzt aber gleich mal Tickets shoppen. Boah, was die wieder alles wissen wollen. Doch inzwischen haben wohl Hinz & Kunz eh schon ALLE Daten. Auch egal.
Warte, brauche ich Schlittschuhe? Könnte ich mitbuchen. Nee, brauche ich nicht. Aber, hey, wo sind die alten, wunderschönen, geliebten, Eiskunstlaufschühchen bloß abgeblieben. Sie sind in zarten, etwas vergilbten Weiß, in irgendeiner Tasche. Aber wo nur?
Warte, wurden sie nicht frevelhafter Weise zuletzt im Schuppen geparkt, aus dem ich sie unter Einsatz meines Lebens (naja so ähnlich war es vielleicht) vor Kälte, Wasser, Rost und Mäuseangriffen gerettet habe? Nun, dann müssten meine Schühchen, die mich zur Eisprinzessin machen könnten, irgendwo im Haus schlummern. Und richtig – ein Griff hinter die Tür der Kammer, da sind sie ja, die Guten. Und wow, wie die noch immer passen! Wie zu meinen besten Zeiten, damals, in Mecklenburg auf den Seen des Parks hinter dem Haus meiner Eltern.
Als kleines Mädchen hoffte ich immer, ein Scout stünde am Rande des Sees und würde mich entdecken. Oh, was träumte ich seinerzeit davon, eine echte Eisprinzessin zu werden, Pirouetten zu drehen, Standwaagen zu lernen … und am allerliebsten diesen unglaublich sinnlichen, heißen Bolero auf dem eisigen Parkett zu tanzen. Okay, der war nicht wirklich jugendfrei, aber ich liebte diese Choreografie.
Das Warten hat ein Ende. Die Schuhe sind gepackt und ich bin dick eingepackt, in fünf Lagen Stoff. Das Auto steht vor der Tür und los gehts, zum Eislaufen …
Und es ist genau so, wie ich es erhofft, erwartet und mir gewünscht habe. Eine wunderbar glatte, weiß-gepuderte Fläche – fast menschenleer – direkt neben der Spree. Illusion eines vereisten Sees … Mit den Schuhen meiner Kindheit betrete ich das glitzernde Eis, unsicher, unbeholfen. Doch nur wenig später schwebe ich wie früher und bin wieder süsse sechzehn.
Anmerkung der Autorin:
So ganz ohne Blessuren lief es dann doch nicht ab, ob Claire’s Neugier und Spieltrieb. Meine Apfel-Uhr fragt mich sofort, ob sie einen Notruf absetzen soll – alles gut, du allumfassende kleine Aufpasserin. Mein lieber Begleiter hilft mir auf. Knochenbrüche waren zum Glück nicht zu verzeichnen und die blauen Flecken sind inzwischen verheilt. Aber gut zu wissen, dass so viele auf mich aufpassen 🙂