Zum Inhalt springen

Überleben im Großstadtdschungel


Wir schreiben heute September, den 16., Anno 2020. Berlin. 30 Grad im Schatten. Die heutige Odyssee glaubt mir wahrscheinlich niemand … oder vielleicht doch?

Landschaftspark am Morgen

Nach einem zauberhaften Sonnenaufgang im Park auf meiner kleinen Radtour gen Bahnhof und einem verrückten, heißen Tag im Büro, wo ich mich plötzlich nicht ganz d’accord mit meiner heutigen spontanen Kleiderwahl wiederfand, nimmt ab 14:45 Uhr das Schicksal seinen Lauf und der Großstadtdschungel droht, mich unzerkaut zu verschlucken. Mal sehen, wo er mich wieder ausspucken würde. “Dschungel” steht heute – kaum zu glauben, aber wahr – für die Öffis der Hauptstadt.

Ich trotte aus dem Büro zur S-Bahn und lese, dezent maskiert auf dem Bahnsteig angekommen, dass meine Bahn heute nur bis Trepi fährt. Für die Unwissenden oder Ahnungslosen: Trepi = Treptower Park. Ok. Passiert öfter mal. Schlau wäre vielleicht trotzdem ein Check der Verbindung VOR Antritt der Fahrt gewesen. Ja, wäre.

Nun, kurz vor “Trepi” erfahre ich via Zug-Durchsage: “Wegen einer Weichenstörung endet dieser Zug hier. Bitte nutzen Sie zur Weiterfahrt die Busse der Linien 165 und 265.” F*CK.

Sieht also nicht so gut für mich aus, mal eben fix nach Adlershof zu meiner “Rosalinde” – auch genannt Drahtesel – zu gelangen. Auf zum Bus. Ich ergattere sogar einen Sitzplatz. Die meisten der anderen S-Bahn-Gestrandeten müssen auf einen der nächsten Busse warten. Was mich dann kurz später jedoch bewegt, ausgerechnet vor Baume (Anm. d. Red. = Baumschulenweg) auszusteigen, um zur S-Bahn zu laufen, weiß ich schlicht & ergreifend nicht. Wahrscheinlich ist es der kleine S-Bahn-Teufel himself. Jedenfalls latsche ich – inzwischen laut und undamenhaft fluchend – zum korrekten Bahnsteig. Ich hätte wohl besser nicht laut geflucht, in Anbetracht dessen, was mich noch erwartete. Böse Mädchen kommen nicht in den S-Bahn-Himmel und eben auch nicht überall hin …

Nun, auf dem richtigen Bahnsteig steht eine richtige S-Bahn. Ich schlüpfe hinein und wenig später legt das Schiff – ähm die S-Bahn – ab und fährt: IN DIE FALSCHE RICHTUNG!


Dramatische Pause.


Was ist hier los? Was machen die denn? Was stand denn bitte an der Anzeige? Umsteigen in Köllnische Heide fällt aus – einfach retour is also nich. Punkt. na toll. Schönen Dank auch. Also in Neukölln raus und ab zur U-Bahn. Neuer Plan… – Anm. d. Red. Nein, nein. Ich war ja nicht etwa schon in Baume und damit kurz vorm Ziel. Nee, wie kommste denn da druff?
So, wo steige ich denn nun wieder aus? Johannisthaler Chausee? Zwickauer Damm? Och nö. Rosalinde wartet in Adlershof und die Busse M11 oder X11 stehen sehr gern & gepflegt im Stau Richtung Schöneweide.

Also nächster App-Check. Ausstieg an der Endstation Rudow und per Bus 162 nach Adlershof. Jut. Mach ick. Bus hat zwar Verspätung, aber ist ja auch Wurst jetzt. Er kommt, ich habe einen Sitzplatz und rolle an Haltestellen vorbei, von denen ich im Leben noch hörte – z.B. “Werderlake”. Wo soll das denn sein? Nächste Ampel? Oh, die Kreuzung kenne ich. Hier bin ich richtig. Hier darf ich sein. Hier gehts nach Adlershof. Schon wenig später schließe ich mein Rad ab und Rosalinde freudig in die Arme … “Hallo Fahrrad”.

Is ja allet jut ausjejangen. Dennoch gibts heute wieder mal eine 6 von mir, liebe S-Bahn. Setzen bitte. Danke.

Published inKolumne
et Claire