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Nur Büro ist nicht genug


Ich wollte schon immer mehr.
Und Nein. Nur Büro war und ist mir nicht genug.
Wo wäre dann der Sinn in diesem grauen Arbeitsalltag?
Ja ja, das Leben ist kein Wunschkonzert und ja, die Kassiererin im Supermarkt freut sich auch nicht täglich ausfs Neue auf die Kund*Innen und ihre Kasse. Doch ist das mein Grund, mich nicht nach dem Sinn des Ganzen zu fragen, meine Wünsche aus den Augen zu verlieren?

Wenn morgens die schwere Eisen-Nebeneingangstür hinter mir ins Schloss fiel, fehlte mir eigentlich nur noch das Geräusch eines, sich im Schloss drehenden, Schlüssels des böse dreinschauenden Wärters…

Ja, genau so fühlte es Tag für Tag sich an. Es gibt Freigänger, die jeden Morgen hinaus in die Freiheit stürmen, um abends wieder in ihre Zelle zurückzuschlurfen und es gibt die anderen, die “Reingänger”, die morgens brav in die – selbst gewählte oder auch freundlich zugeteilte – Zelle schlüpfen, um erst abends im Schutz der Dunkelheit mit Gram gebeugtem Rücken und tief zwischen die Schultern gezogenen Köpfen dem heimischen Herd entgegeneilen.

Ich befand mich irgendwo dazwischen. War weder Fisch noch Fleisch. Betrat so viele Jahre meine “Zelle” (oder auch > BÜRO<) gegen 8 Uhr in der Früh und durfte sie – selbstredend mit gewissen finanziellen Einbußen – noch vor der Dunkelheit verlassen, nur um mich dann intensiv der Aufzucht meiner geliebten Kinderschar zu widmen. Das, dem “Zellenaufenthalt”, folgende Programm gestaltete sich anschließend vorrangig durch unentgeltliche, zahllose Taxifahrten, Begleitservice bei Arztbesuchen und anderen spaßigen Veranstaltungen wie Elternabenden oder Bastelnachmittagen. Doch das machte und mache ich als geübtes Muttertier bis heute natürlich liebend gern. Und jedes Mal, wenn ich dem Klaviervorspiel des Töchterchens lausche, sind die nervenzerrenden Auseinandersetzungen zum Thema „Du musst noch ÜBEN!“, vergessen und mir wird ganz warm um’s Herzelein.

Zurück zu des Pudels Kern oder auch Zelle oder auch Büro genannt. Ja, ich hatte es mir ausgesucht. Und ja, ich werde überaus vernünftig bezahlt, muss weder abends bis 22 Uhr noch an Adventssonntagen hinter einem Tresen stehen…
Und dennoch machte es mich lange Zeit nicht glücklich. Denn wo andere Sinnhaftigkeit entdecken, gähnte mich jahrelang die Bürokratie höhnisch an. Gesetze, Verordnungen, Anweisungen, wohin das kreative Auge blickt. Kreatives Auge? Moment mal. Kreativität an diesem Ort? Ein Ding der Unmöglichkeit – dachte ich. Der Hamster lief und lief und kam dennoch nie an.

Nun. War ich etwa dieser eine Frosch im Milchkrug, der sich aufgibt? Oder gehörte ich zur Spezies der Mutigen, Unverzagten, die strampeln bis aus der Milch Butter wird, um dann in die Welt hinauszuspringen? Ich fragte mich, was, wenn mein Alltag gar keine Milch, sondern nur vegane Reismilch war? Etwas, das niemals Butter werden würde? Und was, wenn es doch Butter werden sollte – irgendwann einmal – wohin würde ich wohl springen? Etwa in den nächsten Milchpott?

Als Frosch würde ich einen schönen Bach bevorzugen, klar und sauber, mit Gestrüpp am Ufer, kleinen Untiefen, Steinchen und wunderschönen bunten Fischen, die gen Meer strömen… das Meer. Da ist sie wieder, diese kleine schelmische Kreativität, schleicht sich im Hintergrund an und drängt sich selbstbewusst ins Scheinwerferlicht.

ICH MÖCHTE AUCH BERUFLICH KREATIV SEIN DÜRFEN! Nun – inzwischen darf ich das viel mehr sein, als bisher. Denn kreativ – DAS bin ich und werde es immer sein. Und deshalb wird „Büro allein – einfach nie genug“ für mich sein.

Published inKolumne
et Claire