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Schwierig schwierig


Luckenwalde
Ines Sommer

Ines Sommer, Jahrgang 1973, wächst als Christin in der DDR auf. Aus Glaubensgründen geht sich samstags nicht in die Schule. Mit 14 weigert sie sich, der FDJ beizutreten. Kaum 15 verlässt ihre erste große Liebe das Land. Dann fällt die Mauer: Sie ist 16. Sie ist die Einzige ohne Rote-Socken-Vergangenheit. Ein Entwicklungsroman. Witzig, packend, skurril. Stilistisch perfekt.

Robert Menasse sagt über Luckenwalde: Wer verstehen will, wie ein Mädchen aus dem Osten Kanzlerin eines vereinigten Deutschlands werden konnte, soll dieses Buch über eine Sozialisation in der DDR lesen!”
(Quelle: amazon.de)

MEINE REZENSION

Das Buch war schwierig und las sich leider nicht so locker fröhlich daher wie vermutet oder gewünscht. Grund dafür mögen meine eigenen Erlebnisse in diesem Land der Vergangenheit sein…

Ich sehe es eher als eine Reportage, einen Tatsachenbericht; eben die gelebte Schilderung einer Kindheit und Jugend in der DDR. Für einen Roman jedoch fehlt es in meinen Augen an wortgewaltigen, bildhaften Beschreibungen, die den Leser in diese (ihm vielleicht fremde) Welt eintauchen lassen. Ein Einfühlen in die Autorin und gleichzeitig Protagonistin fiel mir schwer, da sie kaum Einblicke in ihre Gefühlswelt erlaubt. Angetan war ich von ihrer Wendeerfahrung an sich, der ersten Fahrt in den Westen, denn nicht alle Ossis fuhren jubelnd mit dem Trabi über die Bornholmer Brücke. Die TV-Bilder alle Jahre widerspiegeln eben nur einen Teil der Wahrheit.
Der sich anschließende Helden-Phatos, Ines als offenbar einzige echte “nicht rote Socke”, klingt in meinen Ohren etwas sehr nach Schulterklopfen.
99% der EX-DDRler Ü35 würden sich in diesem Buch wiederfinden. Der Alltag der Jugend wird fassbar dargestellt, auch wenn Ines als jugendliche Christin vielleicht nicht zum Ost-Mainstream gehörte. Die breite Masse ist samstags zur Schule gegangen und hat FDJ-Hemden getragen. Punkt.

Unabhängig davon ist es eine lohnenswerte Lektüre für alle, die Kindheit und Jugend in der DDR verstehen wollen und sollten. Vor allem mag es ein gutes Buch für Schüler sein, um die Schizophrenie in den Köpfen und Gefühlen zu beleuchten – aussen hui & innen RIAS. Das ist in vielen Staaten der Erde immernoch Alltag.

Und noch etwas: Bananen waren doch eigentlich immer nur der running Gag.

Published inKolumneRezensionen
et Claire