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ad hoc in eine neue Welt

“Ein Ganz Besonderes Jahr”
Thomas Montasser
  • Erschienen am 14.01.2016
  • Piper Verlag
  • 192 Seiten
  • ISBN: 978-3-492-30689-8

»Eine magische Reise in das Zauberland der Literatur – fesselnd und bewegend.« Elle

Eigentlich wollte Valerie die etwas altmodische Buchhandlung ihrer spurlos verschwundenen Tante auflösen. Doch die junge Betriebswirtin hat die Macht der Bücher und die Magie der kleinen Buchhandlung mit dem Samowar unterschätzt. Jeden Tag entdeckt sie neue Schätze der Literatur und taucht immer tiefer in die zauberhafte Welt der Bücher ein. Als sie auf ein merkwürdiges Buch stößt, das nicht zu Ende geschrieben wurde, hält sie es für einen Fehldruck. Doch dann betritt ein Kunde ihre Buchhandlung, der genau dieses Buch schon lange sucht …

MEINE REZENSION

Diesmal ein kurzes Fazit vorweg: ein leicht verklärter, jedoch auch verzaubernder Roman auf nur 192 Seiten

Die leicht unterkühlte, knallhart kalkulierende BWL-Studentin Valerie soll sich per kurzer Notiz ad hoc um den kleinen Buchladen ihrer ad hoc spurlos verschwundenen Tante Charlotte kümmern. Was zunächst nach einer kontrollierten Abwicklung aussieht, dann nach einem Patienten, den sie irgendwie am Leben erhalten muss, entwickelt sich nach und nach zum Dreh- und Angelpunkt der jungen Frau. Letztlich kümmert sie sich mit Hingabe um die kleine literarische Perle namens Ringelnatz & Co.

Valerie glaubt zu wissen, wer sie ist und was sie will oder zu wollen glaubt. Dennoch lernt sie sich in den folgenden zwölf Monaten von einer ganz neuen, anderen Seite kennen. Sie trifft besondere Menschen und macht ungewöhnliche Bekanntschaften, die sie und ihr Weltbild, ihr Bild der eigenen Zukunft ins Wanken bringen und nachhaltig prägen.

Wird sie die Buchhandlung halten können?
Was mag mit Charlotte passiert sein?
Wird die Inhaberin zurückkehren?
Und wer ist der geheimnisvolle Fremde mit der unglaublichen Aura und den sie nur ein einziges Mal sah?

Thomas Montasser bedient sich einer sehr blumigen, fast schon antiquarisch anmutenden Ausdrucksweise, die mich sehr berührt hat und mich sehr schnell in ihren Bann ziehen konnte.

“Sie (Anm. die Literatur) kann uns in andere Welten versetzen und uns der Beschwernisse des Alltags entheben, sodass wir ganz in ihr aufgehen.” S.47

“In einer Ecke balgten sich sich braunes Laub und Regentropfen, der Wind schnitt empfindlich durch die morschen Mauern,…” S. 62

“…das eigene Leben für die Dauer der Lektüre aus dem Hier und Jetzt zu pflücken, um es an einen anderen Ort zu verpflanzen.” S.147

Die Geschichte selbst hatte trotz der Kürze des Romans dennoch einige Längen – Tee vorm Haus, Tee mit Timmi, Tee mit Monsieur Noé, Tee mit dem persischen Bauarbeiter… Milch für Grisaille. Mit Verlaub, eine Katze, resp. ein Kater wäre mir persönlich sympathischer gewesen, auch wenn es ein Klischee bedient hätte. Valeries Privatleben neben der Buchhandlung spielt neben Sven, der wie Charlotte recht bald verschwindet – wenn auch nicht mit unbekanntem Ziel, keine Rolle. Da gibt es keine Freunde, keine Besuche, Partys, selbst der Vater findet nur eine kleine Erwähnung. Es ist ein sehr einsames, zurückgezogenes Buch. Doch manchmal braucht es eben genau das. Passend zum Jahresbeginn zeigt es dem Leser deutlich, wie sehr sich Fokus, Werte und Pläne ändern können und sei es per “Zufall”.  War es Zufall oder steckt mehr dahinter?

“Wer ein Buch von der ersten Zeile bis zur letzten liest, fügt es dem herkömmlichen Ablauf allen Seins hinzu.” S.145

 Jedenfalls lässt sich alles rational erklären, bis – ja bis auf das Ende.
Das Ende ließ mich leider einigermaßen unbefriedigt zurück. Natürlich wäre alles andere klischee-beladen gewesen, aber SO? Nun ja, ich muss nicht mit allem d’accord sein, um ein Buch zu mögen. Und dieses mag ich irgendwie, denn:

“Ein Buch ist weit mehr als die Summe seiner Worte!” S.94

Published inKolumneRezensionen
et Claire