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Zwischen den Welten

Sehnsucht: schwerelos
Ada mea
  • Taschenbuch: 380 Seiten
  • Verlag: Books on Demand; Auflage: 3 (25. Januar 2016)

Nach der Geburt ihrer beiden Kinder hat Sarah ihre Karriere als Galeristin aufgegeben, um sich als Hausfrau und Mutter den häuslichen Pflichten zu widmen. Nach Jahren der liebevollen Aufopferung für ihre Familie, sieht sie sich plötzlich in dieser Rolle gefangen. Ihre Ehe mit Sam, einem erfolgreichen Geschäftsmann, scheint im Alltag festgefahren. Ein Leben außerhalb ihrer Familie existiert nicht mehr.
Als Frau Anfang 40 fühlt sie sich nicht mehr begehrenswert und auch ihr Mann sieht in ihr nur noch die Mutter seiner Kinder. Sarah möchte sich wieder lebendig fühlen und etwas für ihren Körper tun. Sie beschließt mit Schwimmsport zu beginnen. Ein Entschluss, der ihr Leben für immer verändern wird.
Im Schwimmbad lernt sie den jungen und attraktiven Studenten Roman kennen. Er ist ein Herzensbrecher mit Tiefgang und einem Hang zur Poesie. Anfangs widersetzt sich Sarah seinem hartnäckigen Werben, doch ihr Widerstand weicht schon bald Romans bezauberndem Charme. Zum ersten Mal seit vielen Jahren erwacht in ihr eine starke Frau voller Erotik und Leidenschaft. Mit Roman überschreitet Sarah ihre sexuellen Grenzen und erfährt eine devote Hingabe, wie sie es nie zuvor mit einem anderen Mann erlebt hat. Je länger die geheime Beziehung andauert, umso mehr verstrickt sich Sarah in ihr Doppelleben. Sie fühlt sich als Gefangene von zwei Welten, die sich niemals miteinander vereinen lassen. Aus der anfänglichen Affäre erwachsen immer stärkere Gefühle und eine Abhängigkeit, aus der es kein Entkommen gibt.

MEINE REZENSION:

Ich wollte nicht, aber ich muss dieses Buch nun doch rezensieren. Sorry, geht nicht anders. Auch wenn es vielleicht keine High-End-Belletristik auf den Spiegel-Bestsellerlisten ist und sich Herr Marcel R.-R. keinesfalls dafür erwärmen und die EMMA es in den Himmel heben oder gar in der Hölle verbrennen würde.

Nein, ich habe nicht viel erwartet, eigentlich nur etwas Gehirn-Yoga vielleicht und ein wenig Entspannung für meine Synapsen garniert einer Prise Erotik. Also stöberte ich via Kindle in der Prime-Bibliothek des großen Riesen. Mein SuB schmollte währenddessen neben dem Sessel grummelnd vor sich hin. Ich ließ mich durch Cover, Titel und Bewertungssternchen treiben. Hmmm. Schöner Titel. Unaufdringliches, zartes Cover. Eine Trilogie? Shades-Trittbrettfahrer/in? Ich habe die Fifty-Reihe bisher weder gelesen noch geschaut. Die Klappe meines Favoriten las sich vielversprechend – diesmal handelte es sich offenbar nicht um ein in die Irre geleitetes Lämmchen. Die Bewertungen. Nun ja, ich mache mir eben grundsätzlich gern selbst ein Bild, auch wenn hier die Rezensionen hohe Wellen schlugen. Doch wie gesagt, ist DAS für mich schon lange kein Kauf- oder Nichtkaufargument mehr.

Also wagemutig mit Kopfsprung hinein ins (Lese-)Abenteuer. Und was soll ich sagen? Was kann oder muss ich feststellen? 24 Stunden : 380 Seiten.

Die Handlung nahm mich zügig für sich ein. Ich konnte mit Sarah fühlen. Welche Frau mit Kindern könnte das nicht? Perfekte Familienidylle: Sarah, Samuel, Linda und Lennox. Dann gibt es noch die anderen Kindergarten-Helikopter-Mütter mit Pilateskurs und kostenloser Ernährungs- sowie Lebensberatung. Und es gibt ihre einst beste, doch nun verbitterte, kinderlose Karrierefreundin, mit der sie offenbar nichts, aber auch gar nichts mehr zu verbinden scheint. Einen Burnout bereits hinter sich, lebt Sarah erschreckend nah am Abgrund eines erneuten Falls ins Bodenlose. Sie lässt sich gehen, ihr Körper streikt. Widerwillig geht sie schwimmen, ihrem Rücken zuliebe. Es passiert. Sie begegnet Roman – jung, intelligent und über alle Maßen attraktiv.

Dieser Roman, Germanistik-Student ukrainischer Herkunft, unfähig, anders als in wunderbaren Zitaten und Gedichten seine Gefühle zu beschreiben, wird zur Gefahr, nicht im Sinne körperlicher Gefahr für den Leib, sondern für die Seele, für Sarahs offenbar doch nicht so perfektes Leben als Mutter und Ehefrau. Was sie mit Roman erlebt und in welche Abgründe und Zwiespälte sie dieses Erleben führt, ist zentrales Thema des Buches  von Ada Mea. Sie beleuchtet die innere Zerrissenheit und Ausweglosigkeit, Sarahs stetes Bemühen um die Perfektion einer Mutter und ihrer tiefen Sehnsucht nach MEHR.

Ja, bei einem offiziell als >Erotikroman< ausgewiesenen Buch, erwarte ich natürlich auch Erotik. Zugegeben bei BoD (Books an Demand) Romanen waren diese bisher leider zumeist von eher trivialer Natur. Doch dieses Mal wurde ich positiv überrascht. Sicher sind die Szenen nicht immer nach jedermans / jederfraus Geschmäckle, aber sie sind durch die sie antreibenden tiefen Gefühle durchaus sinnlich und authentisch. Das ist kein Porno-Heftchen à la Rein-Raus-ohne-Handlung-ist-ja-eh-egal. Das ist vielmehr eine Lebensstudie, ein Spiegel der Erwartungen an die Mutterrolle in unserer Gesellschaft. Der aus Wien stammenden und mittlerweile in Deutschland lebenden Autorin Ada Mea ist es auf 380 Seiten gelungen, einen Spannungsbogen zu kreieren und dabei das Porträt einer Affäre zu zeichnen, ohne dass es fade oder oberflächlich wird. Sprachlich überzeugend. Chapeau.

Am Ende. Natürlich ein Cliffhanger zum zweiten Teil, der zum Glück schon erschieinen ist. Aber hey, warum um Himmels willen nennt die Autorin den zweiten jungen Protagonisten eigentlich JENS???

Ein atemloses, erotisches Lesevergnügen mit seelischem Tiefgang.

Published inKolumneRezensionen
et Claire