Was ist los mit den Menschen, unseren Freunden, mit uns?
Vier von vielen Rückzügen in nur wenigen Wochen, Tagen, Stunden. Drum prüfe, wer sich länger bindet? Checken wir in diesen Zeiten noch mehr, wer uns gut tut? Oder ziehen wir uns immer mehr zurück?
- Ein Schulfreund. Seit über 30 Jahren. Alles ändert sich. Offline. Für immer?
- Ein wichtiger Mensch. Seit mehr als 20 Jahren. Kolleg*in. Freund*in. Kumpel*ine. Und plötzlich passt alles irgendwie nicht mehr. Das war’s?
- Ein weiterer Mensch. Mindestens 10 Jahre. Teil einer Clique. Und plötzlich tut es nicht mehr gut. Gruppe verlassen. Tschau Kakao?
- Ein Schreibmensch. 3 Wochen. Noch frisch. Weit weg und doch ganz nah. Probleme. Auszeit. Warten?
Noch nie war ich – und offenbar auch viele andere – so mit mir und den eigenen Werten, Vorstellungen und Wünschen, den eigenen Sorgen und Nöten, mit dem was wichtig und was unwichtig ist, beschäftigt. Seit Monaten schwimme ich quasi in der eigenen Wassersuppe, reflektiere, jongliere, organisiere. Und ganz nebenbei tauchen Gefühle und Empfindungen dessen auf, was mir gut tut, was ich bisher vermisste, was gut für meine Lieben und für mich ist. In allererster Linie für mich.
Ist das noch gesunder Egoismus? Oder ist es erstmals gesunder Egoismus?
Ehrlich? Ich weiß es nicht. Es fühlt sich richtig und falsch zugleich an. Ich bin mir sicher, es wäre ohne Corona vieles anders, würde einfach so weiterlaufen wie bisher. Doch der Zug ist für mich abgefahren. Dieses Virus scheint inzwischen auch meine Gedanken zu infiltrieren. Es war wohl an der Zeit, endlich innezuhalten und zu schauen, ob ich noch in diesem oder jenem Zug sitzen und weiterfahren oder doch lieber umsteigen und die Richtung wechseln möchte?
So viel Zeit, so wenig Ablenkung. So viele Gedanken, so wenig Input. All das führt zu erstaunlichen Auswirkungen und Entscheidungen. Werden wir uns wieder in Banalitäten verlieren, wenn diese Pandemie irgendwann überstanden ist? Oder wird es nachhaltig bleiben und uns für immer (oder wenigstens für länger) verändern? Was macht das alles mit uns? Für mich rückt der Materialismus immer weiter in den Hintergrund und die Kunst besteht nunmehr darin, es mit sich selbst aushalten zu können.
Philosophische Fragen. Soziologische Fragen. Und Antworten?
Noch keine. Vielleicht erst in vielen Jahren, vielleicht aber auch nie.