Also, dass ich frankophil bin, dürfte meinen Leser*innen bereits bestens bekannt sein. Und was kann sie tun, um ihrem Traumland nahe zu sein, wenn schon seit Monaten (und wohl noch für weitere Monate) keine Aussicht und Chance besteht, dorthin zu reisen. Nur zu gern würde ich mich wieder in einen Zug setzen und in Paris aussteigen, unter der Sonne dieser Stadt an der Seine spazieren, durch den Jardin des Tuileries flanieren, mit großen Augen vor dem Louvre stehen, zum Eiffelturm und zur Sacre Coeur laufen … Genug geträumt, Claire, irgendwann wird das schon wieder…
Da gibt es doch noch Sprachkurse. Die Volkshochschule. Aber Schule is ja nich. Oder vielleicht doch? Schauen wir doch mal. Hmmm, den Kurs da habe ich mir doch im Herbst schon mal angesehen. Und für den da hatte ich mich sogar angemeldet. Der fand mangels ausreichender Anmeldungen aber dann doch nicht statt… Sollte ich es nochmal wagen? Es ist Sonntag, spät abends. Gatte und ich sitzen auf der Couch. Über die Anlage lauschen wir den tiefen Techno-Beats eines Internetsenders. Ich zeige den Kurs meinem Liebsten, der selbst seit Herbst einen Kurs sowie bereits jetzt den Folgekurs online besucht und schwupp, liegt mein Kurs im “Warenkorb” der VHS und nochmal schwupp, isser gebucht:
Französisch – Conversation B1 “Culture et civilisation françaises”. Punkt.
Nur zwei Tage später sitze ich – tutti completti schweißgebadet und ängstlich, mit einem Bleistift und Block bewaffnet, vor meinen Laptop und harre der Dinge, die da auf mich zukommen. Werde ich auch nur einen einzigen Ton herausbekommen oder vor mich hin stammeln? Gott, bin ich nervös – fast wie vor einer Prüfung, einem Auftritt, einer Präsentation.
Der Dozent, Jean-Pascal, ist schon mal nett. Nacheinander kommen Christiane, Wolfram und Rosi hinzu. Es fehlen Evelyn und Klaus. Allesamt sind ü70 würde ich schätzen, Rosemarie vielleicht sogar schon 80. Krass. Und ich sitze hier, aufgeregt wie ein Teenie vor dem ersten Date. Die anderen rocken den Kurs schon seit Herbst. Ich bin also die Newbie. Los jetzt, Augen auf, Ohren auf und durch.
Ich werde so süss empfangen – von allen. Fast wie mit virtuellen, offenen Armen. Das ist so nice, tut so gut. Erster Aufschlag, stell dich doch bitte kurz vor … ich stammele dann doch vor mich hin, aber es geht irgendwie. Nee, das Buch zum Kurs kommt leider erst morgen … In den Laden gehen, is ja nich.
Der Prof sucht ein Thema aus dem Buch, lädt die Seite hoch und wir lesen, diskutieren, recherchieren gemeinsam und bekommen sogar Hausaufgaben zum Thema “La Tour Eiffel”. Ratz fatz sind die 90min um. Schweißgebadet und mit roten Wangen sitze ich – von den anderen und mir selbst erstaunt – noch ein paar Minuten vor dem leeren Bildschirm und kann es nicht fassen. Ich bin in einem Online-Französischkurs mit 5 Rentner*innen und hatte Spaß dabei.
Eine Woche später habe ich brav meine Ausarbeitungen in die VHS-Cloud hochgeladen und sitze erwartungsvoll vorm Rechner – Kopfhörer in den Ohren, Stift gespitzt. Wir albern herum, als Jean-Pascal an die Tür muss … neues Thema “Serge Gainsbourg”.
Watt it nich allet jibt.